VOR 75 JAHREN
Vinzenz Pallotti wird am 22. Januar 1950 seliggesprochen! Jubel erfüllte die Herzen der Pallottiner in aller Welt, als diese Botschaft vom Generalat in Rom in alle Provinzen und Häuser hinausgeschickt wurde. Ein langes Warten, ein heimliches Hoffen, ein inständiges Beten hat damit überreiche Erfüllung gefunden.
Schon bald nach dem Tode Pallottis am 22. Januar 1850 war der Prozess zu seiner Seligsprechung eingeleitet worden. Beinahe hundert Jahre sind verstrichen, bis er einen glücklichen Abschluss gefunden hat. Das ist eine verhältnismässig lange Zeit. Es gibt eine ganze Reihe Seliger und Heiliger, die viel schneller zur Ehre der Altäre gelangten. Warum musste Vinzenz Pallotti so lange warten? Die tiefste Antwort ist die: Es hat Gott so gefallen, und Er hat es so gelenkt, dass sein treuer Diener Vinzenz Pallotti genau am hundertsten Jahrestag seines Todes seliggesprochen werden sollte. Die Söhne Pallottis und jene, die Einblick hatten in den Seligsprechungsprozess, staunen, dass es doch noch möglich geworden ist. Pallotti im hundertsten Jahre nach seinem Tode zur Ehre der Altäre zu erheben. Nicht, als hätte der neue Selige dies Ehre nicht längst verdient, aber der Schwierigkeiten waren so viele, dass man staunt, wie alle nun doch überraschend schnell ihre Lösung gefunden haben.
Als erstes verlangt die Kirche bekanntlich im Vorverfahren des Seligsprechungsprozesses die Sammlung und Prüfung sämtlicher Schriften des Verstorbenen. Schon dies stellte bei Pallotti eine schwierige und viel Zeit beanspruchende Aufgabe dar; denn Pallotti hat in seinem Leben sehr viel geschrieben, vor allem Tausende von Briefen, und diese einigermassen zu sammeln, war keine Kleinigkeit, erstreckte sich Pallottis Korrespondenz doch in die verschiedensten Länder und Erdteile. Da braucht es einfach seine Zeit, um diese Schriften zu sammeln, und ebenso, um sie zu prüfen, ob sich nichts darin finde, das der katholischen Glaubens- und Sittenlehre widerspräche. Es ist verständlich, dass diese Arbeit erst 1869 abgeschlossen wurde.
Ebenso mühsam und zeitraubend war der sog. Informationsprozess, der ebenfalls zum Vorverfahren gehört. In ihm muss festgestellt werden, ob der betreffende Diener Gottes schon zu seinen Lebezeiten den Ruf der Heiligkeit genoss. Die noch lebenden Zeitgenossen, die ihn persönlich kannten und die bereit und in der Lage sind, Zeugnis übe sein Leben abzulegen, müssen einvernommen werden. Da Pallotti in Rom lebte und während der drei Jahrzehnte seines Priesterwirkens eine ungemein vielfältige und weitreichende Tätigkeit entfaltete, die ihn zu einer stadtbekannten Persönlichkeit machte, ist es begreiflich, dass auch dieser Akt des Seligsprechungsverfahrens riesig viel Zeit wegnahm.
Nicht weniger als 454 Sitzungen waren erfordert, um all diese Zeugen einzuvernehmen und ihre Aussagen zu prüfen. So waren gerade die gewaltige Apostolatsarbeit, die Pallotti geleistet hat, und der Umstand, dass er in Rom lebte, ein Grund, dass sein Seligsprechungsverfahren nur sehr langsam voranschritt.
A.Z (P. August Ziegler) in Rosenkranz Nr. 1 1950 Seite 26